Tandemclub Offenbach - für Blinde, Sehbehinderte und ihre Freunde e.V. - Druckansicht Dienstag, 23.04.24

22.05.19: Offenbach-Post
30 Jahre Tandemclub Offenbach

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Ein Bild, welches Johannes und Malek neben einem Tandem zeigt, wird von folgendem Text umrandet:

 

Vertrauen in den Vordermann
Tandemclub für Blinde und Sehbehinderte feiert 30-jähriges Bestehen

VON TAMARA SCHEMPP
Offenbach – Sonne auf der Haut, duftende Erdbeerfelder, bellende Hunde. Bei seinen Radtouren nimmt Malek Alaamri Gerüche, Geräusche und Gefühle besonders intensiv wahr. Der Offenbacher ist seit seinem 18. Lebensjahr blind, zum Schutz seiner Augen trägt er eine Sonnenbrille. Dank des "Tandemclubs Offenbach für Blinde, Sehbehinderte und ihre Freunde" kann er dennoch regelmäßig seinem Hobby, dem Radfahren, nachgehen.

Heute feiert der Club 30jähriges Bestehen. Gegründet 1989 aus einer Vereinigung zwischen sehenden und blinden Partnern, führt der Tandemclub bis heute rund 30 Mitglieder. "Damals wurden nur wenige Piloten gefunden", berichtet Vorsitzender Johannes Bosten, selbst seit zehn Jahren dabei, über die Anfänge des Clubs. Mittlerweile finden sich genug Pärchen, die einander durch Gewicht, Größe und der sportlichen Leistung zugeordnet werden.

Ein Tandemfahrrad ist für zwei hintereinander sitzende Personen ausgelegt. Der Pilot lenkt, sein Hintermann, auch Stoker oder Heizer genannt, tritt mit in die Pedale. Bosten fährt als Pilot seit über 30 Jahren gemeinsam mit seiner sehbehinderten Frau. Hin und wieder hat er Malek Alaamri mit an Bord. Die beiden sind ein eingespieltes Team. Baustellen, Ampeln, Lkw – auf ihren 40-KilometerTouren in Städte wie Lorsch kreuzen viele Hindernisse ihren Weg. Kommunikation ist für die Tandemfahrer besonders wichtig. "Ich kündige an, wenn ich bremse", erläutert Johannes Bosten. "Oder sage: Da ist Rot, wir fahren mal ganz langsam."

In brenzligen Situationen muss der blinde Passagier seinem Vordermann vertrauen. Für Alaamri kein Problem, das Tandemfahren hat er bereits als Schüler der Blindenstudienanstalt im hügeligen Marburg kennengelernt. "Ich höre eher als mein Pilot, ob da was Lautes unterwegs ist", sagt er. Umso beängstigender wirke da ein vorbei rauschender Siebentonner auf ihn. "In solchen Momenten hilft nur vertrauen, festhalten, weitertreten."

Die Verkehrssituation in Offenbach sei jedoch nicht chaotischer als in anderen Städten. Auf einer Tour durch Darmstadt machte den Tandemfahrern eine Baustelle auf der Heidelberger Straße das Leben schwer. "Offenbach ist besser ausgebaut als manch andere Städte", findet Alaamri und lobt die Fahrradstraße auf der Senefelder sowie den geplanten Ausbau der Radverkehrsanlagen vom Friedrichsring über die Dietzenbacher Straße bis nach Heusenstamm und Gravenbruch.

Verbesserungspotenzial sieht Clubvorsitzender Bosten an vereinzelten Stellen im Offenbacher Stadtgebiet. Wie etwa der Baustelle in Richtung Rösenhöhe, die die Tandemfahrer regelmäßig überqueren müssen. Neben der dort angesiedelten Marianne-Frostig-Schule hat der Club für seine Mitglieder eine Garage gemietet. "Ein schmaler Weg für Fußgänger, der Rest ist für die Autos – da ist an den Fahrradfahrer überhaupt nicht gedacht", kritisiert Bosten.

Anlässlich seines Geburtstags lädt der Tandemclub seine Mitglieder zu einer kurzen Feierabendtour mit anschließendem Abendessen in ein Restaurant ein. Außerdem ist eine fünftägige Sternfahrt nach Leipzig zum 4. Louis-Braille-Festivals des Deutschen Blinden- und Sehbehintertenverbands geplant, das vom 5. bis 7. Juli stattfindet. Sieben Tandems legen dabei Tagestouren mit einer Länge von 80 Kilometern zurück.

(c) Offenbach-Post

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